Die Konferenzsaison für das Jahr 2024 kommt gerade in Schwung mit einer erfolgreichen OFC-Konferenz im März und der Vorbereitung auf die diesjährige CLEO im Mai, und unser Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Kommunikation mit unseren Kollegen über aktuelle und wichtige F&E-Themen. Auf diesen und anderen Veranstaltungen werden die Konferenzhallen im Jahr 2024 von lebhaften Diskussionen über die neueste Forschung, technische Meisterleistungen und vielversprechende Geräte erfüllt sein.
Doch inmitten dieser Aufregung können wir auch gelegentlich innehalten, uns zurücklehnen und darüber nachdenken, an welche der Themen, mit denen wir uns heute beschäftigen, man sich, sagen wir, in 30 Jahren noch erinnern wird. Selbstverständlich wissen wir das nicht und können höchstens raten.
Wir können jedoch 30 Jahre zurückblicken, um zu sehen, womit sich die Forscher damals beschäftigt haben. In diesem Sinne habe ich neulich in der Optics & Photonics News -Ausgabe vom Mai 1994 geblättert. Ein Jahr, das mich persönlich durch meinen Wechsel von der Industrie zurück in die akademische Welt geprägt hat. Was in dieser Ausgabe von vor genau drei Jahrzehnten meine Aufmerksamkeit erregte, war ein Artikel von R.R. Shannon mit dem Titel „Hubble as a Phenomenon: Lessons for All" (Das Hubble-Phänomen: Lektionen für jedermann).
Ich erinnere mich noch lebhaft an das anspruchsvolle Projekt des Hubble-Weltraumteleskops (HST) - und daran, wie das Observatorium, nachdem es nach jahrelanger Arbeit in der Erdumlaufbahn installiert worden war, zunächst als der größte wissenschaftliche Mißerfolg aller Zeiten erschien. Aber unerwarteterweise wurde es dann doch noch zu einem Riesenerfolg, dank einer phantastischen Reparatur im Orbit, die durch den Einbau modernster asphärischer Optik erreicht wurde. Ich erinnere mich deutlich an den Fall, aber ich hatte subtile Aspekte vergessen. Die OPN-Geschichte von vor 30 Jahren war eine willkommene Erinnerung.
Ich betone dieses Projekt hier und jetzt, weil es interessante Lektionen bietet, die die jüngeren Mitglieder unserer Gemeinschaft vielleicht noch nicht alle zu schätzen gelernt haben. So dauert die Entwicklungszeit eines Groß-Projekts manchmal weit länger an als die Lebensarbeitszeit einiger der beteiligten Personen. In Shannons nachdenklichem Essay lesen wir diese Aussage: „Mit der üblichen Fähigkeit der Öffentlichkeit, die Erfolge zu vergessen und sich nur auf die Katastrophen zu konzentrieren, wird die Hubble-Erfahrung jetzt wahrscheinlich vergessen werden."
Ich denke - und hoffe, dass sie eben nicht vergessen wird! Es wäre in der Tat eine Schande, zu vergessen, wie der Erfolg der HST-Rettungsmission die enorme Erweiterung unseres Verständnisses des Universums ermöglichte, die das Instrument in den Jahrzehnten seitdem eröffnet hat. Aus diesem Grund ist Shannons Artikel auch 30 Jahre später noch lesenswert. Optica‘s anhaltende Pflege des Archivs von Optics & Photonics News haben meinen Respekt!
Gerd Leuchs
Präsident von Optica